InterLese am 10.11.2011 mit dem bosnischen Autor Mile Stojic und der Übersetzerin Cornelia Marks im Rahmen der Saalekreisliteraturtage am Gymnasium Landsberg

Mile Stojic: Cherubs Schwert (Kerubinski mac), eine voraussichtlich 2012 veröffentlichte Gedicht-und Essaysammlung - Eindrücke der Schülerin Sarah Martinovic, Klasse 12a  Der Titel des Buches ist bezogen auf die biblische Geschichte der Vertreibung der Menschen aus dem Garten Eden, wobei an dem Baum des Lebens die Cherubim, welche oftmals als tierische Gestalten mit menschlichen Köpfen dargestellt sind, aufgestellt wurden, um mit ihren Feuerschwertern das Tor zum Paradies zu bewachen. Dies ist die Metapher für das Hauptthema des Werkes, die Sarajewo-Vertreibung im Balkankonflikt in den 1990er Jahren, die der Schriftsteller selbst miterlebte, dann flüchtete und an der Universität in Wien arbeitete.Stojic und die Übersetzerin seiner Texte, Cornelia Marks, welche auch das Nachwort von „Cherubs Schwert“ verfasst hat, nahmen direkt vor den Schülern Platz und der Autor begann sein erstes Gedicht, in dem eine Klarinette das Thema war, in kroatischer Sprache zu lesen. Frau Marks folgte mit einer deutschen Rezitation des Textes. Beim näheren Beobachten der Schülerschaft konnte man die Überraschung erkennen, denn es hatte wohl niemand damit gerechnet, dass der bosnische Autor in seiner Muttersprache vorlesen würde. Jedoch wurde dies von den Zuhörern positiv aufgenommen. Neben weiteren Gedichten trugen Frau Marks und Herr Stojic gemeinsam im Wechsel ein Essay mit dem Titel „Eine Fuge für Ingeborg“ vor. Gemeint war die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, deren Kindheit in Klagenfurt durch den Krieg zerstört wurde. Mile Stojic setzt die Geschichte dieser bekannten Autorin in Relation zu seinem eigenen Hintergrund in Bosnien-Herzegowina. Das Essay stellt demnach eine Kritik an den Krieg und die politischen Missstände, die, wie Stojic selbst sagt, bis heute nicht vergessen oder vollständig beseitigt werden konnten, dar. Während der Lesung unterbrach der Schriftsteller einige Male, damit er Klarheit über das Verständnis der Schüler erlangen konnte. Diese interessierten sich für den Menschen Stojic und die Hintergründe der Entstehung seiner Texte. In der sich entwickelnden Diskussion ging es unter anderem auch um die Frage der Moral in einer diktatorischen Gesellschaft. Die Aussagen des Schriftstellers zeigten einen starken Bezug zum Kriegsgeschehen in seinem Land und ehemaligen Vielvölkerstaat Jugoslawien. Für Stojic stellt Literatur auch eine Möglichkeit dar, Erlebnisse zu verarbeiten. Die moderne Dichtkunst eröffnet dabei das Einbringen neuer Aspekte und Sichtweisen.Weiterhin teilte er uns auf Nachfrage seine Meinung zur Entwicklung der Literatur im Zuge der Technisierung mit. Die „informatorische Revolution“, welche die Vernachlässigung der Liebe und des Gefühls zur Folge hat, kritisierte er. Dem kann die moderne Literatur entgegen wirken. Jedoch merkte er auch negative Aspekte an. So würde den im „Trend“ liegenden Romanen die nötige Tiefe fehlen. Somit ist festzustellen, das der bosnische Schriftsteller ein sehr offener und spontaner Mensch ist , da er während der Lesung auf alle Fragen aus den verschiedensten Bereichen eingegangen ist und immer eine Überleitung zu seinen Texten finden konnte. Außerdem war es möglich, viele Informationen über den Autor aufzunehmen, was das Verständnis des vorgestellten Buches „Cherubs Schwert“ enorm erweitern konnte. Besonders positiv empfand ich das Rezitieren in deutscher und kroatischer Sprache. Obwohl die meisten Schüler kroatisch nicht verstehen konnten, vermittelte die fremde Sprache ein starkes Gefühl und weckte in den Zuhörern das Interesse, weiter aufmerksam den Ausführungen zu folgen. Die vorbereiteten Auszüge aus dem noch nicht veröffentlichten Buch schienen gut durchdacht und wirkten abwechslungsreich, da eine Themenvielfalt vertreten war. Wir, die Schüler der Klassen 12a und 12c, durften eine interessante Lesung erleben, wofür wir dem Schriftsteller Mile Stojic und seiner Übersetzerin Cornelia Marks, dem Landratsamt des Saalekreises, dem Friedrich-Bödecker-Kreis mit seinem Vorsitzenden Jürgen Jankofsky sowie unserer Bibliothekarin Carola Henke herzlich danken.

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