Geschichtsexkursion der 10c am 10.06.2014
Nach einer individuellen Anreise trafen wir uns 8 Uhr vor der Gedenkstätte „Roter Ochse“ in Halle. Nun lernten wir den pädagogischen Mitarbeiter Herrn Fiebig kennen, welcher uns zuerst begrüßte und uns dann erste Einblicke in die Geschichte des „Roten Ochsen“ gab. Die Justizvollzugsanstalt wurde bereits 1842 eingeweiht und diente in ihrer Anfangszeit als preußisches Gefängnis, während der Zeit des Nationalsozialismus zusätzlich als Schutzhaftlager und Zuchthaus und ab 1945 wurde es vom Ministerium für Staatssicherheit („Stasi“) als Untersuchungshaftanstalt geführt. Heute wird der „Rote Ochse“ als Gedenkstätte sowie Justizvollzugsanstalt des Landes Sachsen-Anhalt genutzt. Anschließend besichtigten wir nach einer kleinen Frühstückspause den Museumsteil. Dazu teilten wir uns in vier Gruppen. Jede Gruppe erhielt ein Bild, welches ein wichtiges Ereignis aus der Zeit der Stasi-Herrschaft zeigte, das es im Museum zu finden und sich anschließend darüber zu informieren galt. Die Themen waren zum Beispiel die Zellensituation von damals oder die Ereignisse des Aufstandes am 17. Juni 1953. Nachdem jeder die notwendigen Erkenntnisse gesammelt hatte, trafen wir uns wieder im Gruppenraum, wo wir schon von Lothar Rochau erwartet wurden. Er kam, um uns aus seiner Vergangenheit zu erzählen. Der Zeitzeugenbericht handelte davon, wie der Mann von der Stasi bespitzelt und aufgrund seiner Arbeit als Diakon in der evangelischen Kirche verhaftet wurde. Beispiele dafür sind die Organisation von Demonstrationen gegen Umweltverschmutzung und das Mitrüsten der UdSSR, sowie die Tatsache, dass in seiner Kirchengruppe alles kritisch diskutiert werden konnte, was der Stasi natürlich nicht zusagte und deshalb unter anderem als „staatsfeindliche Hetze“ bezeichnet wurde. Lothar Rochau musste sechs Monate in Untersuchungshaft im Roten Ochsen verbringen, bevor er eine Verurteilung von drei Jahren bekam, in Cottbus und Chemnitz im Gefängnis war und schließlich von der BRD für 100.000 D-Mark freigekauft wurde. Schockiert hat uns, dass sogar sein Anwalt und sein Zelleninsasse IMs der Stasi waren. Nach der Wiedervereinigung zog er zurück in die ehemalige DDR um dort als Leiter des halleschen Jugendamtes sowie im Wirtschaftsdezernat der Stadt Halle tätig zu werden. Als letztes sahen wir noch einen Film über Erich Loest, der ebenfalls Zeuge des Geschehens im Roten Ochsen wurde. Im Zweiten Weltkrieg fiel er in die Hände der Amerikaner und wurde nach seiner Freilassung bei der Leipziger Volkszeitung, später bei der SED und schließlich als Schriftsteller tätig. Doch auch er hinterfragte die Dinge, kritisierte beispielsweise die öffentliche Darstellung des 17. Junis sowie die Niederschlagung der Aufstände in Polen und Ungarn von 1956, wurde wegen „konterrevolutionärer Gruppenbildung“ 1957 verhaftet und verbrachte siebeneinhalb Jahren im Zuchthaus. Anschließend engagiert er sich gegen die Zensur in der DDR – ihm selbst verwehrte man dort die zweite Auflage eines seiner Romane – und reiste deshalb in die BRD aus (Osnabrück, Bonn). Nach der Wende kehrte er in sein geliebtes Leipzig zurück, wo er weitere Bücher veröffentlichte und auch die Leitung des dortigen Schriftstellerverbandes übernahm.
Der Geschichtstag hat uns allen sehr viel über das Leben in der DDR beigebracht, vor allem über die Arbeit und Wirkungsweise der Stasi und die Rolle des „Roten Ochsen“ haben wir sehr viel Neues erfahren.
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